KERSTIN LANGHOFF- Aktuelles von der Schreibwerkbank...
Donnerstag, 22. Februar 2007
Wie Fett auf der Suppe
1. Kapitel

Kälte überzieht die Fensterscheibe mit Milch
Die Welt ist vernebelt.
Hier drinnen Dampf,
ein brodelnder Kessel.

Jeden Moment läuft er über,
doch immer noch drückt der Deckel nach unten.
Hier drinnen ist es stickig
Hier drinnen ist es fad.

Versperrte Sicht nach außen.
Kleine Tropfen rinnen an der Scheibe hinab,
bilden eine Lache am Boden.
Mein Socken wird nass.

Mir reicht’s!
Mein Pulloverärmel wischt ein Loch in die Scheibe.
Jetzt ist er nass- und dreckig,
aber ich habe endlich Durchblick.

Wann wird mein zweiter Ärmel schmutzig?
Wie weit will ich gehen?
Wie weit, um den Durchblick zu wahren,
um nicht zu verdunsten im Mief von Mama?


Das Licht der Straßenlaterne bricht sich in den Eiszapfen, die an ihr kleben.
Draußen wieder der Typ mit den Zeitungen. Er schmeißt sie vor die Haustüren, schwingt sich auf sein Skateboard und düst ab.
Alles an ihm ist cool, seine weiten Pants, seine Baseballkappe und wie er die Zeitungen über die Zäune vor die Türen knallt.
Jede Woche Zeitungen austragen für ein bisschen Taschengeld? -
Mir geht es gut, ich muss das nicht. Muss oder darf das nicht?
Mama hat’s halt. Sie nervt damit! Will mir immer was aus der Stadt mitbringen, obwohl mein Zimmer überquillt. Lippenstifte, Pumps, Glitzerketten...., will ich gar nicht, ist überhaupt nicht mein Ding. Mama will mir einreden, ich müsste voll drauf stehen.
Wieso?
Ich sitze wieder an meinem Schreibtisch, schreibe. Kann dabei atmen, wenn sie mir die Luft zuschnürt. Mama würde mich lieber vor dem Fernseher sehen, sie hat Angst vor meinem Schreibtisch, Angst vor den Gedanken, die ich hier aufschreibe.
Jetzt lacht sie in der Küche. Ihre Kollegin ist zum Abendessen gekommen. „Nur kleine Happen- Sushi, gesund und geht nicht auf die Hüften. Man kann ja leider nicht mehr wie man will.“
Mama nennt ihre Kollegin Schleiereule oder Dampfnudel, natürlich nur, wenn sie nicht in der Nähe ist. Jetzt ist sie ganz freundlich zu ihr, lacht, als würden sie sich blendend verstehen.
„Die kriegt nie jemanden, wenn sie nicht ein bisschen was aus sich macht“, flüstert sie mir mit vorgehaltener Hand zu, als ihre Kollegin geht. Die hätte zwar 'ne Oberweite, würde die aber verstecken. Dann stupst sie mich an und quiekt: „Na, hast du den Push-up und das T-shirt schon ausprobiert? Macht dich unwiderstehlich!“ Dabei kichert sie und zwinkert mir zu.
Das T- shirt ist 'ne Zumutung. Hat 'nen Ausschnitt bis zum Bauchnabel. Abartig! Warum soll ich das überhaupt tragen? Für wen und warum muss man mich „unwiderstehlich“ finden?
Würde am liebsten aus der Tür rennen. Dem Skateboarder hinterher. Halt's hier echt nicht aus, dieses blöde Gegacker.
Kein Wunder, dass Papa weg ist. Jetzt macht er voll auf Karriere, und mich lässt er zurück.
Ja, nächstes Jahr im März seh' ich ihn, aber das dauert noch drei Monate.
Warum ist er einfach abgehauen. Mama war doch nicht die einzige in seiner Familie. Was ist mit mir? Wir hatten doch so viel Spaß beim Fußball oder Monopoly oder einfach Witze reißen. Wenn wir mit unserem Gealber anfingen, hat sich Mama immer ausgeklinkt, einen auf Zicke gemacht und schon hat Papa aufgehört und ist nur um sie gewuselt. Warum?
Warum hat er nicht „seinen Schuh durchgezogen“, hat einfach weiter gemacht?
Warum dreht sich alles um sie, bis einem schwindelig wird und einer nach dem anderen abspringt.
Ne, so wie sie sein, das will ich bestimmt nicht, auch nicht den Glitter und ihre blöden Push- up BHs.
Jetzt hör ich sie, sie kommt in mein Zimmer, natürlich ohne anzuklopfen.
„Hey Süße, man die Nudel hat mich wieder vollgesülzt. Komm doch ins Wohnzimmer, wir haben dir ein paar schicke Sushi- Happen übrig gelassen!“
„Ne, ich muss noch mal los. Hab' was vergessen.“
„Noch mal los? Wo musst Du denn, mein Gott, um kurz nach acht Uhr abends noch mal hin. Rauchst du? Ist ja okay, kannst du mir ja sagen, oder hast du 'ne Flamme? Kannst du mir ruhig sagen, ist okay, gehört doch in deinem Alter dazu. Ich wunder mich sowieso schon, wann du mir von deinen ersten Liebesabenteuern erzählst. Wenn du die Pille brauchst, kein Problem, ich geh mit dir zum Arzt. Du musst es ja nicht so schlimm wie ich durchmachen. Meiner Mama durfte ich nichts sagen, na ja, und dann ist es mit deinem Dad passiert.“

„Ne, ne, keinen Freund, nichts, kein Rauchen, nichts, will mir nur mal die Beine vertreten.“
Ich schaue in ihr Gesicht. Wie immer ein großes Fragezeichen unter ihrem dicken, porenstopfenden Make-up.
Ich renne zur Garderobe, nehme meinen Schal, meine Mütze und Jacke und- weg bin ich. Kein Bock auf nur einen Piepston von ihr mehr.
Unten mache ich mir in Ruhe den Parka zu. Eiskälte schlägt mir entgegen.
Ich vergrabe meine Hände in den großen Taschen und krall mich am Futter fest.
Meine Nase tief im dicken Wollschal versunken.
Dann geht`s los, nur wohin?
Hab keine Peilung, nur weg. Hab keine Freundin, keine, die weiter denkt, keine die mich versteht.
„Sei doch froh, das du so 'ne coole Mam hast", heißt es immer, "unsere erlauben uns fast gar nichts!“
Darauf kann ich dann nichts mehr sagen, sie verstehen mich einfach nicht.
Der Junge mit dem Skateboard geht mir durch den Kopf. Wohin der wohl gefahren ist?
Fand ihn irgendwie faszinierend. Machte alles so mit links. Was er wohl denkt, wenn er die Zeitungen ausfährt, was er sonst so macht? Ob er lustig ist, die Sonnenseite sieht?
Würd’ mir so jemanden manchmal als Freund wünschen. Ich find alles so kompliziert, seitdem Papa weg ist.
Denke, dass keiner mich versteht, mit mir durch die Gehirnwindungen in meinem Kopf durchsteigt. Versteh' mich ja selbst nicht.
Zwei kleine Kläffer kommen mir entgegengetrabt.
Frauchen im weiten lila Trenchcoat schreit hinterher, keift sie an, zieht sie streng an der Leine zu sich und sieht mich von unten entschuldigend an.
„Halb so wild!“, sag ich und geh weiter. Ich suche den Jungen auf dem Skateboard.
Gehe an meinem Park vorbei. Meine Bank ist nicht besetzt, aber jetzt im Winter ist es ja auch zu kalt. Würde gerne hier sitzen und mit meinen Gedanken im Wasser versinken. Kann es aber nicht. Die Kälte lässt meine Gedanken erstarren. Doch alles ist besser als im Dunst zu sitzen. Ein Mann kommt mir entgegen, hat ein Gesicht, in dem trichterförmig alles auf die Nasenspitze zuläuft, schaut mich grimmig an, als hätte ich ihn aus dem Schlaf gerissen und geht keuchend an mir vorbei. Unangenehmer Rauchergestank gemischt mit Alkohol.
Jetzt höre ich ihn klappern, so als ob ein Skateboard über den Plattenbürgersteig holpert. Ich sehe das Blinklicht, das er sich hinten an seinen Rucksack befestigt hat.
Ich kenn' ihn nicht, aber irgendwie fühl ich mich von ihm angezogen?
Warum, ich weiß es nicht. Es gibt Menschen, die kann man schlecht riechen, und es gibt solche, die siehst du einmal und denkst, der denkt wie du, der versteht dich, der lacht über dasselbe und ärgert sich über die gleichen Sachen. Bei dem ist es einfach schön, bei dem kommst du irgendwie nach Hause. Zuhause, wo ist mein Zuhause?
Ich hab ihn jetzt dreimal gesehen, von meinem Fenster aus. Das sind zehn Meter und doch fühlt es sich an, wie zehn Zentimeter, als würde er vor mir stehen und sagen: „Ja, das fühl ich auch.“
Ich laufe schneller, ihm hinterher. Meine Gefühle mischen sich mit meinem Verstand.
„Du denkst zu viel!“ Das sagt Mama immer, wenn ich mit ihr über ein Thema reden will, das mich beschäftigt, und ich merke, dass sie sich noch nie nur einen Bruchteil mit dieser Frage beschäftigt hat. Ich höre dann auf, und sie denkt, ich hätte mit ihrem Satz alle Gedanken brach liegen lassen und ist zufrieden. In mir aber schmort die Abneigung gegenüber einer Oberflächlichkeit, die wie Fett auf der Suppe schwimmt.
Der Skateboarder ist anders, das spür' ich. Der brauch' bei meinem Fragen bestimmt noch nicht mal nachfragen, weil er sich schon lange mit der selben Sache beschäftigt.
Ich will ihn treffen, hab' aber Angst. Was soll ich sagen, wenn ich ihm begegne?
Hey, ich hab das Gefühl, du denkst wie ich?
Egal, ich will hinterher. Einfach in seiner Nähe sein. Vielleicht frag' ich ihn, wie er zu dem Job mit dem Zeitungsaustragen gekommen ist, weil ich auch einen suche. Was auch irgendwie stimmt. Hätte auch mal Lust, mein eigenes Geld zu verdienen und nicht das zu bekommen, was Mama sich aus den Taschen von drei Männern jammert. Mein Papa tut mir dabei besonders leid, obwohl er echt genug hat, seitdem er den Filmjob in Amerika hat.
Vielleicht wird er ja mal berühmt.
Ich bin echt stolz auf ihn. Aber auch sehr traurig, fühl mich von ihm verlassen und hab das Gefühl, dass er mich nicht mehr liebt, auch wenn er mir immer schreibt, dass ich seine kleine Prinzessin bin- und das mit 15 Jahren.
Würde auch gerne so ’nen tollen Freund haben, der so ist wie Papa. Papa findet mich kreativ, meine Geschichten, die ich schreibe. Mama hat dafür überhaupt keinen Sinn. Sie hat, außer ihren Illustrierten, glaub' ich, noch nie ein Buch gelesen.
Mama und ich sind so verschieden. Papa ist mir viel ähnlicher. Warum hat er mich nicht mit nach Amerika genommen, hätte da doch auf so 'ne High School gehen können. Wäre mal was ganz Neues. Hier hab ich doch nichts, keine Freundin, eine nervige Mutter und Oma, die sich auch immer seltener blicken lässt, weil Mama sie so blöd behandelt. Vielleicht hab ich nur den Skateboarder, und den kenn' ich noch nicht einmal.
Jetzt hält er an, bei Udos Imbiss. Er geht rein. Will er die Zeitung abgeben oder sich vielleicht was zu essen kaufen. Udo kenn' ich, da geh ich jetzt auch rein und hol' mir zwei Wiener.
Jetzt stehe ich vor der Tür zum Imbiss. Oh nein, soll ich wirklich rein gehen...?
Die Tür geht auf, oh nein, jetzt steht er vor mir, unsere Augen streifen sich, er hält mir die Tür auf. Ich mach' einen Schritt hinein, aber, jetzt ist er wieder draußen.
„Hallo Lisa!“
Udo hat mich schon entdeckt. Wie soll ich jetzt erklären, dass ich gleich wieder weg muss. Ich hab das Gefühl, meine Hoffnung, ihn heute Abend noch zu treffen und ein Wort zu wechseln, läuft wie Sand durch meine Hände. All die Spannung versiegt.
„Hallo, Udo, zwei Wiener, bitte!“
Oh nein, jetzt fragt mir Udo bestimmt Löcher in den Bauch und besonders über meine Mam, für die interessiert er sich nämlich immer auffallend. Ist doch selbst verheiratet, was will er dann von meiner Mama?“
„Na, wie geht’s zuhause, alles paletti?“ Er beugt sich über die Theke und reicht mir die Wiener auf einer Pappschale. „Senf, musste hier rausdrücken, weißte ja.“
Dann grinst er mich an. „Na, Kleine, alles Paletti zuhause?“
Er wartet meine Antwort gar nicht ab, sondern dreht sich zu seiner Spüle und wäscht zwei Biergläser indem er sie auf Spülbürsten hoch und runterdrückt. Schaum quetscht sich an den Seiten heraus. Dann stellt er die Gläser auf das Abtropfgitter und der Schaum fließt an den Seiten herab und in das Auffangbecken des Gitters. Es ist übersäht mit schwarzen Schimmelflecken.
Ich hab keine Lust zu antworten, wenn er mir nur im Vorbeigehen zuhört und zum zweiten Mal fragt, ob alles paletti sei! Was ist überhaupt paletti? Und wenn, ich find' gar nichts paletti, find grad alles ätzend, besonders, dass der Typ mit dem Skateboard jetzt weg ist. Hab mich noch nicht einmal getraut, ihm richtig in die Augen zu schauen. Hab' nur gemerkt, dass er etwa einen Kopf größer ist als ich und ihn kurz gestreift. Er hat mich kurz angeguckt, was er wohl gedacht hat?
Hier ist es warm. Ich ziehe meine Pudelmütze ab und streiche meine Haare hinters Ohr. Fühl mich unwohl, irgendwie beobachtet von den Männern an den Stehtischen. Jetzt kommt Udo wieder zu mir, beugt sich über die Theke:
„Na, schmeckt’s? Gibt’s zuhause nichts oder haste Stress?“
Diesmal wartet er auf eine Antwort. Seine Achselhöhlen sind feucht und auf seiner Stirn perlen die Schweißtropfen. Sein weißes T-shirt ist fast durchsichtig, so dass sich braune Striche von seinen Brusthaaren abzeichnen. Ein kleines Loch etwas oberhalb der rechten Brust.
Zum Glück hab' ich den Mund voll Wurst und kann nicht sofort antwortet. Stattdessen zeig ich mit meinem rechten Zeigefinger auf meinem Mund, tu so, als würde ich schnell kauen, um antworten zu können, während mein Kopf auf der Suche nach einer passenden Ausrede heißläuft. Jetzt ist mein Mund leer, und er sieht mich immer noch mit seinen kleinen Augen an, die von seinen riesigen Pausbacken schon etwas verdeckt werden.
„Nö, alles okay, war nur kurz unterwegs und hatte Lust, mich etwas aufzuwärmen.“
„Na, was macht denn ein Mädchen, wie du, um die Uhrzeit bei der Kälte draußen?“
Er runzelt seine Stirn und schüttelt leicht den Kopf.
„Einkaufen..“, schieße ich hervor und hätte mir im selben Augenblick am liebsten die Zunge abgebissen. Welch' blöde Ausrede und dazu so falsch, denn welcher Laden hat hier noch nach acht auf?
Udo sagt nichts, weil sich gerade die Tür öffnet. Ich sehe wie die Blicke der Männer neben mir an der Türe kleben bleiben.
Ich dreh' mich um. Eine blonde Frau, ungefähr Mitte dreißig, kommt hinein. Sie hat hochhakige Stiefel an, einen kurzen Rock und eine dicke Daunenjacke. Mama würde jetzt vor Neid erblassen, die Männer neben mir kriegen Stielaugen und Udo schenkt meiner Ausrede mit einem Mal keine Beachtung mehr. Ich nehm’ mein Brötchen, was es zu den Würstchen gab, ruf „tschüss!“ und schlüpfe aus der Tür, die nach der Frau, gerade ins Schloss fallen will. Ein süßer, aufdringlicher Parfümduft, begleitet mich noch fast in die nächste Querstraße.
Weg, ein Glück. So schnell werde ich da nicht mehr auftauchen. Ob Udo meiner Mutter was von dem Besuch erzählt? Und wenn, was soll’s.
Mit einem Mal durchfährt mich ein Schauer wie ein Schlag aus der Steckdose. Ich höre es rattern. Der Skateboarder kommt geradewegs auf mich zu. Was soll ich machen?
Kann ich irgendwie auf mich aufmerksam machen. Ich senke meinen Kopf. Schüchternheit überfällt mich wie ein Dieb in der Nacht. Ich kann nicht aus meiner Haut. Er kommt näher. Dann guck' ich nach vorn. In dem Moment, wo ich rechts ausweichen will, will er auch nach rechts ausweichen. Dann mach' ich einen Schritt nach links, doch in dem Moment steuert er sein Skateboard nach links. Er springt ab und hält kurz vor mir, sein Skateboard in der Hand. Wie er das geschafft hat, keine Ahnung. Auf jeden Fall steht er mit einem breiten Grinsen vor mir, und ich schau ihm das erste Mal in die Augen. Es ist wie eine Welle, die von ihm auf mich übergeht. Meine Knie werden ganz weich und ich steh unbeholfen da.
„Hoppla!“, kommt es von ihm. „Wohin des Wegs, junges Fräulein, Sie versperren mir den Weg!“
Immer noch dieses Lächeln und eine freche Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen. Ich versuche auch zu lächeln, aber meine Mundwinkel ziehen wie Blei nach unten, ich öffne den Mund und hauche nur warme Luft. Mein Herz pocht bis zur Kehle. Der Herzschlag ist wie bei „Hau den Lukas“ auf dem Jahrmarkt- ganz oben. Volltreffer. Es hat mich erwischt, und ich weiß nicht, wie ich diesen Moment festhalten kann. Sag was, irgendwas, schießt es mir durch den Kopf.
„Ähm, ich hab mich verlaufen, kannst Du mir sagen, wie es hier zur Habichtstraße geht?“, kommt es plötzlich mit zittriger Stimme aus mir heraus und mir ist fast schlecht vor Aufregung. Wieso musste mir wieder so ein Mist einfallen. Das checkt der doch sofort, dass ich den Weg kenne.
„Ja, kein Problem. Bist du neu hier? Ich dachte, ich hätte dich irgendwo schon mal gesehen, kommst mir irgendwie bekannt vor.“
„Ja, ich bin neu. Sag mir einfach wie ich laufen muss, dann find ich es schon.“
Mein Blick ist gesenkt, ich weiß nicht, wohin ich gucken soll.
Er hingegen scheint meinen Blick zu suchen. Er ist so furchtbar nett.
„Weißt du was, ich laufe mit dir dort hin, sind etwa zehn Minuten und liegt sowieso auf meinen Weg. Die restlichen Zeitungen trage ich dann morgen aus, ist sowieso ganz woanders und für heute bin ich einfach durchgefroren.“
Jetzt fällt mir die vorgefertigte Frage von vorhin ein.



„Sag mal, ich würd' mir gern was dazu verdienen. Wie bist du denn zu deinem Job als Zeitungsausträger gekommen?“
Immer noch diese hohe zittrige Stimme. Einerseits genieße ich es, so neben ihm zu laufen, andererseits hoffe ich wieder durchatmen zu können, mein Atem drückt sich wie heiße Luft nach oben.
„Hey, das ist eigentlich kein Problem, kann dich meinem Chef gern mal vorstellen, die suchen immer welche. Allerdings musst du ganz schön Strecken abklappern. Kannst du bladen oder skaten?“
„Ne, nichts von beidem, höchstens Fahrrad fahren.“ Mein Blick wandert in seine Richtung. Er läuft rechts neben mir. Dann treffen sich unsere Augen. Schnell guck ich weg. Wieder durchfährt mich ein Schauer. Ich hab das Gefühl, ich müsste wegrennen oder ihm augenblicklich um den Hals fallen. Die Spannung halte ich kaum aus. Was ist das?
„Du, ich hab noch ein Board, etwas älter, aber optimal zum Lernen. Kann ich dir mal geben, zum Üben, kann dir auch 'nen paar Tipps geben, der Rest ist simple üben, üben, üben.“
„Oh, ja gerne, geht dann bestimmt leichter mit dem Austragen.“
„Ja, auf jeden Fall. Wie heißt du eigentlich, ich bin Tjard?“
„Hi Tjard, ich bin Lisa.“
So langsam lockert sich meine Zunge und ich kann ungezwungener reden.

Jetzt liege ich in meinem Bett, starre an die Decke und kann nicht schlafen. Tjard . Wir haben uns verabschiedet und er will übermorgen mal vorbeischauen, wenn er seinen Chef gefragt hat. Mit Mama hab ich kaum geredet, nur kurz „gute Nacht“ und „Ich bin müde“ gesagt. Sie hat etwas komisch geguckt. Ich will allein sein, muss nachdenken. Er geht mir nicht aus dem Kopf, seine tiefe warme Stimme, seine coole Art, seine Freundlichkeit. Kann nicht schlafen..... Tjard.


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